Vom Börsenparkett auf die Kirchenkanzel

Radio SRF besuchte Gottesdienst von Pfr. Andreas Cabalzar

Der Pfarrer spricht nicht zu einer durchschnittlichen Gemeinde: Wenn andernorts rund zehn Prozent zu den so genannten Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft gehören, sind es bei ihm fast drei Viertel. «Dem muss ich Rechnung tragen. Das habe ich im Blick, wenn ich meine Arbeit tue», erklärt Andreas Cabalzar gegenüber Radio SRF, das ihn für die Wirtschaftssendung «Trend» besuchte (www.srf.ch/player/radio/trend/audio/andreas-cabalzar-%E2%80%93-mehr-zeit-zum-nachdenken?id=eb2cefc1-d5eb-4c23-a0b5-5df7a33b6117 ab 15’48’’).f
Bei seiner Tätigkeit hilft ihm seine Vorgeschichte. Da hat er gespielt – in einer Handballmannschaft und an der Börse. Der Wendepunkt in seinem Leben kam, als er nach einer schweren Verletzung Fragen zuliess: Was mache ich eigentlich? Was bewirke ich mit dieser Arbeit? Für wen arbeite ich? Er begann, Theologie zu studieren und wurde Pfarrer. Aus seiner Erfahrung von damals schöpft er noch heute und nennt Dinge beim Namen: Er spricht in der Predigt offen über den Detailhändler Lidl, der in Deutschland Jeans für 9,90 Euro anbietet, die in der Produktion gemäss einer Studie massiv gegen international anerkannte Sozialstandards verstösst. «Wir sind aufgerufen, unserer Erkenntnis Taten folgen zu lassen.» Bewusster einkaufen sei die Lösung. Doch vielen Entscheidungsträgern fehle oft die Zeit, um über ihr Handeln nachzudenken, sagt Cabalzar.
Der Pfarrer mit Wirtschaftserfahrung sagt: «Aus meiner Perspektive ist der Wertewandel nicht zu erkennen. Er ist zwar spürbar bei einzelnen Menschen, aber nicht in den Institutionen.» Das fliesst direkt in die Fürbitte-Zeit für Entscheidungsträger ein. Ein wichtiges Thema für den Pfarrer sind auch die Jugendlichen. «Viele von ihnen leiden, weil ihre Väter absent sind», weiss Cabalzar und nennt ein Beispiel: «Die Tochter des CEOs eines internationalen Unternehmens hat sich an der Konfirmationsfeier von ihrem Vater verabschiedet. Der Vater ist nach dem Gottesdienst sitzen geblieben und hat bemerkt, dass er seine Tochter verpasst und nicht gemerkt hat, dass sie erwachsen geworden ist.»
Andreas Cabalzar arbeitet seit 1993 als reformierter Pfarrer in Erlenbach mit den Schwerpunkten Jugendarbeit, seelsorgerliche Krisenintervention, Erwachsenenbildung und der seelsorgerlichen Betreuung der Martinstiftung. Die ökonomischen Privilegien ermöglichen die Finanzierung von sozialen und kulturellen Innovationen. Diese Situation hat Cabalzar genutzt, um verschiedene Kultur- und Sozialprojekte zu lancieren. «Den Pfarrer kennt jeder im Dorf», hiess es früher im Volksmund. Der Spruch trifft auf den reformierten Pfarrer Andreas Cabalzar auch heute noch zu.
Herzlich, Markus Baumgartner
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